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manfred herok 2014
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Bei der Betrachtung des Schicksals, welches die Tugend, Sittlichkeit, auch Religiosität in der Geschichte haben, müssen wir nicht in die Litanei der Klagen verfallen, daß es den Guten und Frommen in der Welt oft oder gar meist schlecht, den Bösen und Schlechten dagegen gut gehe. Unter dem Gutgehen pflegt man sehr mancherlei zu verstehen, auch Reichtum, äußerliche Ehre und dergleichen. Aber wenn von solchem die Rede ist, was an und für sich seiender Zweck wäre, kann solches sogenanntes Gut- oder Schlechtgehen von diesen oder jenen einzelnen Individuen nicht zu einem Momente der vernünftigen Weltordnung gemacht werden sollen. Mit mehr Recht als nur Glück, Glücksumstände von Individuen, wird an den Weltzweck gefordert, daß gute, sittliche, rechtliche Zwecke unter ihm und in ihm ihre Ausführung und Sicherung suchen. Was die Menschen moralisch unzufrieden macht (und dies ist eine Unzufriedenheit, auf die sie sich was zugute tun), ist, daß sie für Zwecke, welche sie für das Rechte und Gute halten (insbesondere heutzutage Ideale von Staatseinrichtungen), die Gegenwart nicht entsprechend finden; sie setzen solchem Dasein ihr Sollen dessen, was das Recht der Sache sei, entgegen. Hier ist es nicht das partikuläre Interesse, nicht die Leidenschaft, welche Befriedigung verlangt, sondern die Vernunft, das Recht, die Freiheit; und mit diesem Titel ausgerüstet, trägt diese Forderung das Haupt hoch und ist leicht nicht nur unzufrieden über den 12/51 Weltzustand, sondern empört dagegen. Um solches Gefühl und solche Ansichten zu würdigen, müßte in Untersuchung der aufgestellten Forderungen, der sehr assertorischen Meinungen eingegangen werden. Zu keiner Zeit wie in der unsrigen sind hierüber allgemeine Sätze und Gedanken mit größerer Prätention aufgestellt worden. Wenn die Geschichte sonst sich als ein Kampf der Leidenschaften darzustellen scheint, so zeigt sie in unserer Zeit, obgleich die Leidenschaften nicht fehlen, teils überwiegend den Kampf berechtigender Gedanken untereinander, teils den Kampf der Leidenschaften und subjektiven Interessen wesentlich nur unter dem Titel solcher höheren Berechtigungen. Diese im Namen dessen, was als die Bestimmung der Vernunft angegeben worden ist, bestehen sollenden Rechtsforderungen gelten eben damit als absolute Zwecke, ebenso wie Religion, Sittlichkeit, Moralität.
Nichts ist, wie gesagt, jetzt häufiger als die Klage, daß die Ideale, welche die Phantasie aufstellt, nicht realisiert, daß diese herrlichen Träume von der kalten Wirklichkeit zerstört werden. Diese Ideale, welche an der Klippe der harten Wirklichkeit, auf der Lebensfahrt, scheiternd zugrunde gehen, können zunächst nur subjektive sein und der sich für das Höchste und Klügste haltenden Individualität des Einzelnen angehören.
Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Einleitung
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Bei der Betrachtung des Schicksals, welches die Tugend, Sittlichkeit, auch Religiosität in der Geschichte haben, müssen wir nicht in die Litanei der Klagen verfallen, daß es den Guten und Frommen in der Welt oft oder gar meist schlecht, den Bösen und Schlechten dagegen gut gehe. Unter dem Gutgehen pflegt man sehr mancherlei zu verstehen, auch Reichtum, äußerliche Ehre und dergleichen. Aber wenn von solchem die Rede ist, was an und für sich seiender Zweck wäre, kann solches sogenanntes Gut- oder Schlechtgehen von diesen oder jenen einzelnen Individuen nicht zu einem Momente der vernünftigen Weltordnung gemacht werden sollen. Mit mehr Recht als nur Glück, Glücksumstände von Individuen, wird an den Weltzweck gefordert, daß gute, sittliche, rechtliche Zwecke unter ihm und in ihm ihre Ausführung und Sicherung suchen. Was die Menschen moralisch unzufrieden macht (und dies ist eine Unzufriedenheit, auf die sie sich was zugute tun), ist, daß sie für Zwecke, welche sie für das Rechte und Gute halten (insbesondere heutzutage Ideale von Staatseinrichtungen), die Gegenwart nicht entsprechend finden; sie setzen solchem Dasein ihr Sollen dessen, was das Recht der Sache sei, entgegen. Hier ist es nicht das partikuläre Interesse, nicht die Leidenschaft, welche Befriedigung verlangt, sondern die Vernunft, das Recht, die Freiheit; und mit diesem Titel ausgerüstet, trägt diese Forderung das Haupt hoch und ist leicht nicht nur unzufrieden über den Weltzustand, sondern empört dagegen. Um solches Gefühl und solche Ansichten zu würdigen, müßte in Untersuchung der aufgestellten Forderungen, der sehr assertorischen Meinungen eingegangen werden. Zu keiner Zeit wie in der unsrigen sind hierüber allgemeine Sätze und Gedanken mit größerer Prätention aufgestellt worden. Wenn die Geschichte sonst sich als ein Kampf der Leidenschaften darzustellen scheint, so zeigt sie in unserer Zeit, obgleich die Leidenschaften nicht fehlen, teils überwiegend den Kampf berechtigender Gedanken untereinander, teils den Kampf der Leidenschaften und subjektiven Interessen wesentlich nur unter dem Titel solcher höheren Berechtigungen. Diese im Namen dessen, was als die Bestimmung der Vernunft angegeben worden ist, bestehen sollenden Rechtsforderungen gelten eben damit als absolute Zwecke, ebenso wie Religion, Sittlichkeit, Moralität.
Nichts ist, wie gesagt, jetzt häufiger als die Klage, daß die Ideale, welche die Phantasie aufstellt, nicht realisiert, daß diese herrlichen Träume von der kalten Wirklichkeit zerstört werden. Diese Ideale, welche an der Klippe der harten Wirklichkeit, auf der Lebensfahrt, scheiternd zugrunde gehen, können zunächst nur subjektive sein und der sich für das Höchste und Klügste haltenden Individualität des Einzelnen angehören. Die gehören eigentlich nicht hierher. Denn was das Individuum für sich in seiner Einzelheit sich ausspinnt, kann für die allgemeine Wirklichkeit nicht Gesetz sein, ebenso wie das Weltgesetz nicht für die einzelnen Individuen allein ist, die dabei sehr zu kurz kommen können. Man versteht unter Ideal aber ebenso auch das Ideal der Vernunft, des Guten, des Wahren. Dichter, wie Schiller, haben dergleichen sehr rührend und empfindungsvoll dargestellt, im Gefühl tiefer Trauer, daß solche Ideale ihre Verwirklichung nicht zu finden vermöchten. Sagen wir nun dagegen, die allgemeine Vernunft vollführe sich, so ist es um das empirisch Einzelne freilich nicht zu tun; denn das kann besser und schlechter sein, weil hier der Zufall, die Besonderheit ihr ungeheures Recht auszuüben vom Begriff die Macht erhält. So wäre denn an den Einzelheiten der Erscheinung vieles zu tadeln. Dies subjektive Tadeln, das aber nur das Einzelne und seinen Mangel vor sich hat, ohne die allgemeine Vernunft darin zu erkennen, ist leicht und kann, indem es die Versicherung guter Absicht für das Wohl des Ganzen herbeibringt und sich den Schein des guten Herzens gibt, gewaltig groß tun und sich aufspreizen. Es ist leichter, den Mangel an Individuen, an Staaten, an der Weltleitung einzusehen als ihren wahrhaften Gehalt. Denn beim negativen Tadeln steht man vornehm und mit hoher Miene über der Sache, ohne in sie eingedrungen zu sein, d. h. sie selbst, ihr Positives erfaßt zu haben. Das Alter im allgemeinen macht milder, die Jugend ist immer unzufrieden; das macht beim Alter die Reife des Urteils, das nicht nur aus Interesselosigkeit auch das Schlechte sich gefallen läßt, sondern, durch den Ernst des Lebens tiefer belehrt, auf das Substantielle, Gediegene der Sache ist geführt worden. - Die Einsicht nun, zu der, im Gegensatz jener Ideale, die Philosophie führen soll, ist, daß die wirkliche Welt ist, wie sie sein soll, daß das wahrhafte Gute, die allgemeine göttliche Vernunft auch die Macht ist, sich selbst zu vollbringen. Dieses Gute, diese Vernunft in ihrer konkretesten Vorstellung ist Gott. Gott regiert die Welt, der Inhalt seiner Regierung, die Vollführung seines Plans ist die Weltgeschichte. Diesen will die Philosophie erfassen; denn nur was aus ihm vollführt ist, hat Wirklichkeit, was ihm nicht gemäß ist, ist nur faule Existenz. Vor dem reinen Licht dieser göttlichen Idee, die kein bloßes Ideal ist, verschwindet der Schein, als ob die Welt ein verrücktes, törichtes Geschehen sei. Die Philosophie will den Inhalt, die Wirklichkeit der göttlichen Idee erkennen und die verschmähte Wirklichkeit rechtfertigen. Denn die Vernunft ist das Vernehmen des göttlichen Werkes.
Was aber die Verkümmerung, Verletzung und den Untergang von religiösen, sittlichen und moralischen Zwecken und Zuständen überhaupt betrifft, so muß gesagt werden, daß diese zwar ihrem Innerlichen nach unendlich und ewig sind, daß aber ihre Gestaltungen beschränkter Art sein können, damit im Naturzusammenhange und unter dem Gebote der Zufälligkeit stehen. Darum sind sie vergänglich und der Verkümmerung und Verletzung ausgesetzt. Die Religion und Sittlichkeit haben eben, als die in sich allgemeinen Wesenheiten, die Eigenschaft, ihrem Begriffe gemäß, somit wahrhaftig, in der individuellen Seele vorhanden zu sein, wenn sie in derselben auch nicht die Ausdehnung der Bildung, nicht die Anwendung auf entwickelte Verhältnisse haben. Die Religiosität, die Sittlichkeit eines beschränkten Lebens - eines Hirten, eines Bauern - in ihrer konzentrierten Innigkeit und Beschränktheit auf wenige und ganz einfache Verhältnisse des Lebens hat unendlichen Wert und denselben Wert als die Religiosität und Sittlichkeit einer ausgebildeten Erkenntnis und eines an Umfang der Beziehungen und Handlungen reichen Daseins. Dieser innere Mittelpunkt, diese einfache Region des Rechts der subjektiven Freiheit, der Herd des Wollens, Entschließens und Tuns, der abstrakte Inhalt des Gewissens, das, worin Schuld und Wert des Individuums eingeschlossen ist, bleibt unangetastet und ist dem lauten Lärm der Weltgeschichte und den nicht nur äußerlichen und zeitlichen Veränderungen, sondern auch denjenigen, welche die absolute Notwendigkeit des Freiheitsbegriffes selbst mit sich bringt, ganz entnommen. Im allgemeinen ist aber dies festzuhalten, daß, was in der Welt als Edles und Herrliches berechtigt ist, auch ein Höheres über sich hat. Das Recht des Weltgeistes geht über alle besonderen Berechtigungen
http://texte.phil-splitter.com/html/vorlesungen_uber_die_philosophie_der_geschichte.html
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Zusatz 2. Der Skeptizismus darf nicht bloß als eine Zweifelslehre betrachtet werden, vielmehr ist derselbe seiner Sache, d. h. der Nichtigkeit alles Endlichen, schlechthin gewiß. Wer nur zweifelt, 8/175 der steht noch in der Hoffnung, daß sein Zweifel gelöst werden könne und daß das eine oder das andere Bestimmte, wozwischen er hin und her schwankt, sich als ein Festes und Wahrhaftes ergeben werde. Dahingegen ist der eigentliche Skeptizismus die vollkommene Verzweiflung an allem Festen des Verstandes, und die sich daraus ergebende Gesinnung ist die der Unerschütterlichkeit und des Insichberuhens. Dies ist der hohe, antike Skeptizismus, wie wir ihn namentlich beim Sextus Empiricus dargestellt findet und wie derselbe als Komplement zu den dogmatischen Systemen der Stoiker und Epikureer in der späteren Römerzeit seine Ausbildung erhalten hat. Mit diesem hohen antiken Skeptizismus ist nicht jener bereits früher (§ 39) erwähnte moderne, teils der kritischen Philosophie voran-, teils aus dieser hervorgegangene Skeptizismus zu verwechseln, welcher bloß darin besteht, die Wahrheit und Gewißheit des Übersinnlichen zu leugnen und dagegen das Sinnliche und in der unmittelbaren Empfindung Vorhandene als dasjenige zu bezeichnen, woran wir uns zu halten haben. Wenn übrigens der Skeptizismus noch heutzutage häufig als ein unwiderstehlicher Feind alles positiven Wissens überhaupt und somit auch der Philosophie, insofern es bei dieser um positive Erkenntnis zu tun ist, betrachtet wird, so ist dagegen zu bemerken, daß es in der Tat bloß das endliche, abstrakt verständige Denken ist, welches den Skeptizismus zu fürchten hat und demselben nicht zu widerstehen vermag, wohingegen die Philosophie das Skeptische als ein Moment in sich enthält, nämlich als das Dialektische. Die Philosophie bleibt dann aber bei dem bloß negativen Resultat der Dialektik nicht stehen, wie dies mit dem Skeptizismus der Fall ist. Dieser verkennt sein Resultat, indem er dasselbe als bloße, d. h. als abstrakte Negation festhält. Indem die Dialektik zu ihrem Resultat das Negative hat, so ist dieses, eben als Resultat, zugleich das Positive, denn es enthält dasjenige, woraus es resultiert, als aufgehoben in sich und ist nicht ohne dasselbe. Die aber ist die Grundbestimmung der dritten Form des Logischen, nämlich des Spekulativen oder Positiv-Vernünftigen.
§ 81 Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse / ... / Näherer Begriff und Einteilung der Logik
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b. Die geschichtliche Existenz dieser Religion
Geschichtlich ist diese Religion vorhanden als die des Fo; sie ist die Religion der Mongolen, Tibetaner im Norden und im Westen Chinas, ferner der Birmanen und Ceylonesen, wo jedoch das, was sonst Fo heißt, Buddha genannt wird. Es ist überhaupt die Religion, die wir unter dem Namen der Lamaischen kennen. Sie ist die ausgebreitetste und hat die meisten Anhänger; ihre Verehrer sind zahlreicher als die des Mohammedanismus, welcher wieder mehr Anhänger zählt als die christliche Religion. Es ist damit wie in der mohammedanischen Religion: ein einfach Ewiges macht die Grundanschauung und die Bestimmung des Innern aus, und diese Einfachheit des Prinzips ist durch sich selbst fähig, verschiedene Nationalitäten sich zu unterwerfen.
Es ist geschichtlich, daß diese Religion etwas Späteres ist als die Form, wo die absolute Macht das Herrschende ist. Die französischen Missionare haben ein Edikt des Kaisers Hiaking18) übersetzt, der dadurch viele Klöster aufhob, da die darin Lebenden die Erde nicht bauten und keine Abgaben zahlten; hier sagt der Kaiser im Anfange des Edikts: "Unter unseren drei berühmten Dynastien hörte man nicht von der Sekte des Fo sprechen. Erst seit der Dynastie der Han ist sie aufgekommen."
Die Vorstellung dieser Religion in ihren bestimmteren Zügen ist nun folgende.
αa) Die absolute Grundlage ist die Stille des Insichseins, in welchem alle Unterschiede aufhören, alle Bestimmungen der Natürlichkeit des Geistes, alle besonderen Mächte verschwunden sind. So ist das Absolute als das Insichsein das Unbestimmte, das Vernichtetsein alles Besonderen, so daß alle besonderen Existenzen, Wirklichkeiten nur etwas Akzidentelles, nur gleichgültige Form sind. 16/376
β) Da die Reflexion in sich als das Unbestimmte (auch wieder dem Standpunkte der Naturreligion gemäß) nur die unmittelbare ist, so ist sie in dieser Form als Prinzip ausgesprochen; das Nichts und das Nichtsein ist das Letzte und Höchste. Nur das Nichts hat wahrhafte Selbständigkeit, alle andere Wirklichkeit, alles Besondere hat keine. Aus Nichts ist alles hervorgegangen, in Nichts geht alles zurück. Das Nichts ist das Eine, der Anfang und das Ende von allem. So verschiedenartig die Menschen und Dinge sind, so ist nur das eine Prinzip, das Nichts, woraus sie hervorgehen, und nur die Form macht die Qualität, die Verschiedenheit aus.
Auf den ersten Anblick muß es auffallen, daß der Mensch Gott denke als Nichts, dies muß als die größte Sonderbarkeit erscheinen; aber näher betrachtet heißt diese Bestimmung: Gott ist schlechthin nichts Bestimmtes, das Unbestimmte; es ist keine Bestimmtheit irgendeiner Art, die Gott zukommt, er ist das Unendliche; das ist soviel als: Gott ist die Negation von allem Besonderen.
Wenn wir die Formen, die wir heutzutage hören, die gang und gäbe sind, betrachten: "Gott ist das Unendliche, das Wesen, das reine, einfache Wesen, das Wesen der Wesen und nur das Wesen", so ist das entweder ganz oder ziemlich gleichbedeutend mit dem, daß Gott das Nichts ist. Ebenso wenn man sagt, man könne Gott nicht erkennen, so ist Gott für uns das Leere, Unbestimmte.
Jene moderne Weise ist also nur ein milderer Ausdruck dafür: Gott ist das Nichts. Das ist aber eine bestimmte, notwendige Stufe: Gott ist das Unbestimmte, die Unbestimmtheit, in welcher aufgehoben und verschwunden ist das unmittelbare Sein und dessen scheinbare Selbständigkeit.
γ?) Gott, obzwar als Nichts, als Wesen überhaupt gefaßt, ist doch gewußt als dieser unmittelbare Mensch, als Fo, Buddha, Dalai-Lama. Diese Vereinbarung kann uns am widerwärtigsten, empörendsten, unglaublichsten erscheinen, daß ein Mensch mit allen sinnlichen Bedürfnissen als Gott 16/377 angesehen wird, als der, welcher die Welt ewig erschaffe, erhalte, hervorbringe.
Wenn in der christlichen Religion Gott in Gestalt des Menschen verehrt wird, so ist das unendlich unterschieden; denn das göttliche Wesen wird da angeschaut in dem Menschen, der gelitten hat, gestorben, auferstanden und gen Himmel gefahren ist. Das ist nicht der Mensch im sinnlichen, unmittelbaren Dasein, sondern der, der die Gestalt des Geistes an sich trägt. Aber als der ungeheuerste Kontrast erscheint es, wenn in der unmittelbaren Endlichkeit des Menschen das Absolute verehrt werden soll; diese ist eine noch sprödere Vereinzelung, als das Tier ist. Die menschliche Gestalt hat ferner in sich selbst die Forderung der Erhebung, und darum scheint es widrig, wenn diese Forderung zum Beharren bei gemeiner Endlichkeit niedergeschlagen wird.
Diese Vorstellung ist aber verstehen zu lernen, und indem wir sie verstehen, rechtfertigen wir sie; wir zeigen, wie sie ihren Grund hat, ihr Vernünftiges, eine Stelle in der Vernunft. Aber es gehört auch dazu, daß wir ihren Mangel einsehen. Wir müssen einsehen bei den Religionen, daß es nicht bloß Sinnloses ist, Unvernünftiges. Das Wichtigere ist aber, das Wahre zu erkennen, wie es mit der Vernunft zusammenhängt, und das ist schwerer, als etwas für sinnlos zu erklären.
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Das 20/311 Unendliche ist in die Abstraktion oder Unbegreiflichkeit verlegt. Eine unbegreifliche Ausrede! Heutzutage gilt es für das Frömmste, Berechtigtste.
Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie / ... / 4. Aufklärung
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§ 549
Diese Bewegung ist der Weg der Befreiung der geistigen Substanz, die Tat, wodurch der absolute Endzweck der Welt sich in ihr vollführt, der nur erst an sich seiende Geist sich zum Bewußtsein und Selbstbewußtsein und damit zur Offenbarung und Wirklichkeit seines an und für sich seienden Wesens bringt und sich auch zum äußerlich allgemeinen, zum Weltgeist, wird. Indem diese Entwicklung in der Zeit und im Dasein und damit als Geschichte ist, sind deren einzelne Momente und Stufen die Völkergeister; jeder als einzelner und natürlicher in einer qualitativen Bestimmtheit ist nur eine Stufe auszufüllen und nur ein Geschäft der ganzen Tat zu vollbringen bestimmt.
Daß die Voraussetzung eines an und für sich seienden Zweckes und der sich aus ihm nach dem Begriffe entwickelnden Bestimmungen bei der Geschichte gemacht wird, ist eine apriorische Betrachtung derselben genannt und der Philosophie über apriorisches Geschichtsschreiben Vorwurf gemacht worden; es ist hierüber und über Geschichtsschreibung überhaupt eine nähere Bemerkung zu machen. Daß der Geschichte, und zwar wesentlich der Weltgeschichte ein Endzweck an und für sich zum Grunde liege und derselbe wirklich in ihr realisiert worden sei und 10/347 werde - der Plan der Vorsehung-, daß überhaupt Vernunft in der Geschichte sei, muß für sich selbst philosophisch und damit als an und für sich notwendig ausgemacht werden. Tadel kann es nur verdienen, willkürliche Vorstellungen oder Gedanken vorauszusetzen und solchen die Begebenheiten und Taten angemessen finden und vorstellen zu wollen. Dergleichen apriorischer Verführungsweise haben sich aber heutzutage vornehmlich solche schuldig gemacht, welche reine Historiker sein zu wollen vorgeben und zugleich gelegentlich ausdrücklich gegen das Philosophieren teils überhaupt, teils in der Geschichte sich erklären; die Philosophie ist ihnen eine lästige Nachbarin, als welche dem Willkürlichen und den Einfällen entgegen ist. Dergleichen apriorisches Geschichtsschreiben ist zuweilen von einer Seite, woher man es am wenigsten erwarten sollte, von der philologischen her vornehmlich, und in Deutschland mehr eingerissen als in Frankreich und England, wo die Geschichtsschreibung sich zu einem festeren und reiferen Charakter gereinigt hat. Erdichtungen zu machen, wie die von einem Urzustande und dessen Urvolk, das sich im Besitze der wahrhaften Gotteserkenntnis und aller Wissenschaften befunden habe, von Priestervölkern, und im spezielleren z. B. von einem römischen Epos, welches die Quelle der für historisch geltenden Nachrichten über die ältere Geschichte Roms gewesen sei usf., ist an die Stelle der pragmatisierenden Erfindungen von psychologischen Gründen und Zusammenhängen getreten, und es scheint in einem weiten Kreise für das Erfordernis einer aus den Quellen schöpfenden, gelehrten und geistreichen Geschichtsschreibung angesehen zu werden, solche hohle Vorstellungen auszuhecken und sie aus einem gelehrten Auskehricht entfernter äußerlicher Umstände, der beglaubigtsten Geschichte zum Trotz, keck zu kombinieren.
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse / ... / y. Die Weltgeschichte
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[Unbenannt83] |
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