... Wenn die Zeit erfüllt ist, daß die Rechtfertigung durch den Begriff Bedürfnis ist, dann ist im unmittelbaren Bewußtsein, in der Wirklichkeit die Einheit des Inneren und Äußeren nicht mehr vorhanden und ist im Glauben nichts gerechtfertigt. Die Härte eines objektiven Befehls, ein äußerliches Daraufhalten, die Macht des Staates kann hier nichts ausrichten; dazu hat der Verfall zu tief eingegriffen. Wenn den Armen nicht mehr das Evangelium gepredigt wird, wenn das Salz dumm geworden und alle Grundfesten stillschweigend hinweggenommen sind, dann weiß das Volk, für dessen gedrungen bleibende Vernunft die Wahrheit nur in der Vorstellung sein kann, dem Drange seines Innern nicht mehr zu helfen. Es steht dem unendlichen Schmerze noch am nächsten; aber da die Liebe zu einer Liebe und zu einem Genuß ohne allen Schmerz verkehrt ist, so sieht es sich von seinen Lehrern verlassen. Diese haben sich zwar durch Reflexion geholfen und in der Endlichkeit, in der Subjektivität und deren Virtuosität und eben damit im Eitlen ihre Befriedigung gefunden, aber darin kann jener substantielle Kern des Volks die seinige nicht finden.
Diesen Mißton hat für uns die philosophische Erkenntnis aufgelöst, und der Zweck dieser Vorlesungen war eben, die Vernunft mit der Religion zu versöhnen, diese in ihren mannigfaltigen Gestaltungen als notwendig zu erkennen und in der offenbaren Religion die Wahrheit und die Idee wiederzufinden. Aber diese Versöhnung ist selbst nur eine partielle, ohne äußere Allgemeinheit; die Philosophie ist in dieser Beziehung ein abgesondertes Heiligtum, und ihre Diener bilden einen isolierten Priesterstand, der mit der Welt nicht zusammengehen darf und das Besitztum der Wahrheit zu hüten hat. Wie sich die zeitliche, empirische Gegenwart aus ihrem Zwiespalt herausfinde, wie sie sich gestalte, ist ihr zu überlassen und ist nicht die unmittelbar praktische Sache und Angelegenheit der Philosophie.
Die Realisierung des Geistigen zur allgemeinen Wirklichkeit >>>
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