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 manfred herok   2014

Die Feigheit des abstrakten Gedankens

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Indem der bestimmte Übergang der Idee bis zur sinnlichen Gegenwart herausgebildet ist, so zeigt sich eben darin das Ausgezeichnete der Religion des Geistes, daß alle Momente bis zu ihrer äußersten Bestimmtheit und Vollständigkeit entwickelt sind.
Der Geist ist auch in dieser äußersten Entgegensetzung seiner selbst als der absoluten Wahrheit gewiß,
und darum fürchtet er sich vor nichts, selbst nicht vor der sinnlichen Gegenwart.
Es ist die Feigheit des abstrakten Gedankens, die sinnliche Gegenwart mönchischerweise zu scheuen;
die moderne Abstraktion hat diese ekle Vornehmigkeit gegen das Moment der sinnlichen Gegenwart.

An die Individuen in der Gemeinde ist nun die Forderung gestellt, die göttliche Idee in der Weise der Einzelheit zu verehren und sich anzueignen.
Für das weiche, liebende Gemüt, das Weib, ist das leicht; aber die andere Seite ist selbst, daß das Subjekt, an welches diese Zumutung der Liebe geschieht, in unendlicher Freiheit ist und die Substantialität seines Selbstbewußtseins erfaßt hat, für den selbständigen Begriff, den Mann, ist daher jene Zumutung unendlich hart. Gegen diese Vereinigung, ein einzelnes sinnliches Individuum für Gott zu verehren, empört sich die Freiheit des Subjekts.
Der Orientale weigert sich dessen nicht; aber der ist nichts, der ist an sich weggeworfen, aber ohne sich wegzuwerfen, d. h. ohne das Bewußtsein der unendlichen Freiheit in sich.
Hier aber ist diese Liebe, diese Anerkennung das gerade Gegenteil, und dies ist das höchste Wunder, welches dann eben der Geist selbst ist.

Diese Sphäre ist deswegen das Reich des Geistes,
daß das Individuum in sich unendlichen Wert hat,
sich als absolute Freiheit weiß,
in sich die härteste Festigkeit besitzt und zugleich diese Festigkeit aufgibt und sich in dem schlechthin Anderen selbst erhält: die Liebe gleicht alles, auch den absoluten Gegensatz, aus.

Die Anschauung dieser Religion fordert die Verschmähung aller Gegenwart, alles dessen, was sonst Wert hat; sie ist die vollkommene Idealität, die gegen alle Herrlichkeit der Welt polemisch gerichtet ist.
In diesem Einzelnen, in diesem gegenwärtigen, unmittelbaren Individuum, in dem die göttliche Idee erscheint, ist alle Weltlichkeit zusammengegangen, so daß es die einzige sinnliche Gegenwart ist, die Wert hat. Diese Einzelheit ist somit als schlechthin allgemein.
Auch in der gewöhnlichen Liebe findet sich diese unendliche Abstraktion von aller Weltlichkeit, und das liebende Subjekt setzt in ein besonderes Individuum seine ganze Befriedigung; aber diese Befriedigung gehört noch überhaupt der Besonderheit an; es ist die besondere Zufälligkeit und Empfindung, die dem Allgemeinen entgegengesetzt ist und sich in dieser Weise objektiv werden will.

Hingegen diese Einzelheit, in der ich die göttliche Idee will, ist schlechthin allgemein; sie ist deshalb zugleich den Sinnen entrückt, sie geht für sich vorbei, wird zur vergangenen Geschichte; diese sinnliche Weise muß verschwinden und muß in den Raum der Vorstellung hinaufsteigen.
Die Bildung der Gemeinde hat den Inhalt, daß die sinnliche Form in ein geistiges Element übergeht.
Die Weise dieser Reinigung vom unmittelbaren Sein erhält das Sinnliche darin, daß es vergeht; dies ist die Negation, wie sie am sinnlichen Diesen als solche gesetzt ist und erscheint.
Nur am Einzelnen ist diese Anschauung gegeben; sie ist kein Erbstück und keiner Erneuerung fähig wie die Erscheinung der Substanz im Lama. Sie kann nicht so sein; denn die sinnliche Erscheinung als diese ist ihrer Natur nach momentan, soll vergeistigt werden, ist daher wesentlich eine gewesene und wird in den Boden der Vorstellung erhoben.

Es kann auch einen Standpunkt geben, wo man beim Sohne und dessen Erscheinung stehenbleibt.
So der Katholizismus, wo zur versöhnenden Macht des Sohnes Maria und die Heiligen hinzukommen und der Geist mehr nur in der Kirche als Hierarchie, nicht in der Gemeinde ist.
Aber da bleibt das zweite in der Bestimmung der Idee mehr in der Vorstellung, als daß es vergeistigt würde. Oder der Geist wird nicht sowohl objektiv gewußt, sondern nur als diese subjektive Weise, wie er in sinnlicher Gegenwart die Kirche ist und in der Tradition lebt.
Der Geist ist in dieser Gestalt der Wirklichkeit gleichsam die dritte Person.

Die sinnliche Gegenwart kann für den Geist, der ihrer bedürftig ist, auch beständig wieder hervorgebracht werden in Bildern, und zwar nicht als Kunstwerken, sondern als wundertätigen Bildern, überhaupt in deren sinnlichem Dasein. Und dann ist es nicht nur die Körperlichkeit und der Leib Christi allein, was das sinnliche Bedürfnis zu befriedigen vermag, sondern das Sinnliche seiner leiblichen Gegenwart überhaupt, das Kreuz, die Orte, wo er gewandelt. Dazu kommen Reliquien usf. Dem Bedürfnis fehlt es nicht an solchen Vermittlungen.
Aber der geistigen Gemeinde ist die unmittelbare Gegenwart, das Jetzt vorübergegangen.

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Die Religion gibt die Darstellung des absoluten Geistes nicht bloß für Anschauung und Vorstellung, sondern auch für den Gedanken und die Erkenntnis.
Ihre Hauptbestimmung ist, das Individuum zu dem Gedanken Gottes zu erheben, seine Einigkeit mit ihm hervorzubringen und es derselben zu vergewissern.

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