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 manfred herok   2014

Sein und Schein

Sein und Schein - Wahrheit, Wirklichkeit und Kunst

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g.w.f. hegel

Was aber die Unwürdigkeit des Kunstelementes im allgemeinen, des Scheines nämlich und seiner Täuschungen, angeht, so hätte es mit diesem Einwand allerdings seine Richtigkeit, wenn der Schein als das Nichtseinsollende dürfte angesprochen werden.
Doch der Schein selbst ist dem Wesen wesentlich, die Wahrheit wäre nicht, wenn sie nicht schiene und erschiene, wenn sie nicht für Eines wäre, für sich selbst sowohl als auch für den Geist überhaupt.
Deshalb kann nicht das Scheinen im allgemeinen, sondern nur die besondere Art und Weise des Scheins, in welchem die Kunst dem in sich selbst Wahrhaftigen Wirklichkeit gibt, ein Gegenstand des Vorwurfs werden. Soll in dieser Beziehung der Schein, in welchem die Kunst ihre Konzeptionen zum Dasein erschafft, als Täuschung bestimmt werden, so erhält dieser Vorwurf zunächst seinen Sinn in Vergleichung mit der äußerlichen Welt der Erscheinungen und ihrer unmittelbaren Materialität sowie im Verhältnis zu unserer eigenen empfindenden, das ist der innerlich sinnlichen Welt, welchen beiden wir im empirischen Leben, im Leben unserer Erscheinung selber den Wert und Namen von Wirklichkeit, Realität und Wahrheit im Gegensatz der Kunst zu geben gewohnt sind, der solche Realität und Wahrheit fehle.
Aber gerade diese ganze Sphäre der empirischen inneren und äußeren Welt ist nicht die Welt wahrhafter Wirklichkeit, sondern vielmehr in strengerem Sinne als die Kunst ein bloßer Schein und eine härtere Täuschung zu nennen.
Erst jenseits der Unmittelbarkeit des Empfindens und der äußerlichen Gegenstände ist die echte Wirklichkeit zu finden.
Denn wahrhaft wirklich ist nur das Anundfürsichseiende, das Substantielle der Natur und des Geistes, das sich zwar Gegenwart und Dasein gibt, aber in diesem Dasein das Anundfürsichseiende bleibt und so erst wahrhaft wirklich ist.
Das Walten dieser allgemeinen Mächte ist es gerade, was die Kunst hervorhebt und erscheinen läßt.
In der gewöhnlichen äußeren und inneren Welt erscheint die Wesenheit wohl auch, jedoch in der Gestalt eines Chaos von Zufälligkeiten, verkümmert durch die Unmittelbarkeit des Sinnlichen und durch die Willkür in Zuständen, Begebenheiten, Charakteren usf. Den Schein und die Täuschung dieser schlechten, vergänglichen Welt nimmt die Kunst von jenem wahrhaften Gehalt der Erscheinungen fort und gibt ihnen eine höhere, geistgeborene Wirklichkeit. Weit entfernt also, bloßer Schein zu sein, ist den Erscheinungen der Kunst der gewöhnlichen Wirklichkeit gegenüber die höhere Realität und das wahrhaftigere Dasein zuzuschreiben.

Ebensowenig sind die Darstellungen der Kunst ein täuschender Schein gegen die wahrhaftigeren Darstellungen der Geschichtsschreibung zu nennen.
Denn die Geschichtsschreibung hat auch nicht das unmittelbare Dasein, sondern den geistigen Schein desselben zum Elemente ihrer Schilderungen, und ihr Inhalt bleibt mit der ganzen Zufälligkeit der gewöhnlichen Wirklichkeit und deren Begebenheiten, Verwicklungen und Individualitäten behaftet, während das Kunstwerk uns die in der Geschichte waltenden ewigen Mächte ohne dies Beiwesen der unmittelbar sinnlichen Gegenwart und ihres haltlosen Scheines entgegenbringt.

Wird nun aber die Erscheinungsweise der Kunstgestalten eine Täuschung genannt in Vergleichung mit dem Denken der Philosophie, mit religiösen und sittlichen Grundsätzen, so ist die Form der Erscheinung, welche ein Inhalt in dem Bereiche des Denkens gewinnt, allerdings die wahrhaftigste Realität; doch in Vergleich mit dem Schein der sinnlichen unmittelbaren Existenz und dem der Geschichtsschreibung hat der Schein der Kunst den Vorzug, daß er selbst durch sich hindurchdeutet und auf ein Geistiges, welches durch ihn soll zur Vorstellung kommen, aus sich hinweist, dahingegen die unmittelbare Erscheinung sich selbst nicht als täuschend gibt, sondern vielmehr als das Wirkliche und Wahre, während doch das Wahrhafte durch das unmittelbar Sinnliche verunreinigt und versteckt wird.
Die harte Rinde der Natur und gewöhnlichen Welt machen es dem Geiste saurer,
zur Idee durchzudringen, als die Werke der Kunst.

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Der Schein bestimmt sich zu dem Konkreteren, was Bewußtsein und Freiheit ist, und die Schwierigkeit ist, daß dieser Schein nicht nur den Quell des Bösen, das von der Ebenbildlichkeit abfallende Essen von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen enthält, sondern auch das Prinzip der Rückkehr zum Ebenbilde, so daß Gott selbst sagend eingeführt wird: Siehe, Adam ist worden wie unsereiner und weiß, was Gut und Böse ist (I. Mos., 3, 22), - die Stelle, welche die andere Seite zu der ersteren Bedeutung des Erkennens ausmacht und gewöhnlich viel zu wenig in ihrer Tiefe betrachtet, ja auch nur beachtet zu werden pflegt.       >>>

Der Schein.

1. Das Seyn ist Schein. Das Seyn des Scheins besteht allein in dem Aufgehobenseyn des Seyns, in seiner Nichtigkeit; diese Nichtigkeit hat es im Wesen, und außer seiner Nichtigkeit, außer dem Wesen ist er nicht.
Er ist das Negative gesetzt, als Negatives.
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