Auch der Philosoph feiert seine Pfingsten; ohne Wiedergeburt kommt niemand aus der Sphäre des natürlichen Verstandes in die spekulativen Höhen des lebendigen Begriffs. - Aber die Wahrheit besteht nach ihrem eigensten Wesen in ihrer Notwendigkeit, sie hat ihre Nötigung in sich selbst; sie müßte sich also, meinen wir, auch erzwingen und aufnötigen lassen, so daß wir nicht widerstehen, - sie müßte sich doch so gründlich nachweisen lassen, daß wir ihr nicht ausweichen könnten. Der Mensch kann aber überhaupt der Wahrheit, der allmächtigen Wahrheit allerdings widerstehen. Und was verstehen wir unter jenem gründlichen und allgemeingültigen Nachweise, den wir am Glauben vermissen? Suchen wir ihn nicht in unserem eigenen Innern, statt im Innern der Sache, - im Subjekte statt in der Wahrheit? Ist es nicht das Selbstgemachte, in unseren eigenen Gedanken Zusammengesuchte, was wir gründlich nennen und was gleichwohl, wenn es gemacht ist, nichts wirkt und nichts beweist, weil es nichts ist? Eben weil die Wahrheit ihre Nötigung in sich selbst hat, eben darum kann sie nicht in dem Beweise als einem von der Wahrheit selbst verschiedenen Beweise liegen, - weil sie Geist ist, ist sie dem isolierten Verstande und dessen Beweisen unzugänglich, kann sie nicht dem isolierten, verfallenen Verstande des Menschen zukommen; von diesem Verstande provoziert daher der Glaube auf den unzerstückten Geist, auf das Gewissen, von dem Beweise auf die innere Erfahrung. So ist auch alles spekulative Wissen durch Verstandesbeweis positiv nicht zu erzwingen; auch die Philosophie muß erfahren, daß ihre Gegner Ohren haben zu hören und nicht hören, und Augen haben zu sehen und nicht sehen.' >>>
|