Die behauptete Berechtigung der Sklaverei (in allen ihren näheren Begründungen durch die physische Gewalt, Kriegsgefangenschaft, Rettung und Erhaltung des Lebens, Ernährung, Erziehung, Wohltaten, eigene Einwilligung usf.) sowie die Berechtigung einer Herrschaft als bloßer Herrenschaft überhaupt und alle historische Ansicht über das Recht der Sklaverei und der Herrenschaft beruht auf dem Standpunkt, den Menschen als Naturwesen überhaupt nach einer Existenz (wozu auch die Willkür gehört) zu nehmen, die seinem Begriffe nicht angemessen ist. Die Behauptung des absoluten Unrechts der Sklaverei hingegen hält am Begriffe des Menschen als Geistes, als des an sich freien, fest und ist einseitig darin, daß sie den Menschen als von Natur frei oder, was dasselbe ist, den Begriff als solchen in seiner Unmittelbarkeit, nicht die Idee, als das Wahre nimmt. Diese Antinomie beruht, wie alle Antinomie, auf dem formellen Denken, das die beiden Momente einer Idee getrennt, jedes für sich, damit der Idee nicht angemessen und in seiner Unwahrheit, festhält und behauptet. Der freie Geist ist eben dieses (§ 21), nicht als der bloße Begriff oder an sich zu sein, sondern diesen Formalismus seiner selbst und damit die unmittelbare natürliche Existenz aufzuheben und sich die Existenz nur als die seinige, als freie Existenz zu geben. Die Seite der Antinomie, die den Begriff der Freiheit behauptet, hat daher den Vorzug, den absoluten Ausgangspunkt, aber auch nur den Ausgangspunkt für die Wahrheit zu enthalten, während die andere Seite, welche bei der begrifflosen Existenz stehenbleibt, den Gesichtspunkt von Vernünftigkeit und Recht gar nicht enthält. Der Standpunkt des freien Willens, womit das Recht und die Rechtswissenschaft ist über den unwahren Standpunkt, auf welchem der Mensch als Naturwesen und nur als an sich seiender Begriff, der Sklaverei daher fähig ist, schon hinaus. Diese frühere unwahre Erscheinung betrifft den Geist, welcher nur erst auf dem Standpunkte seines Bewußtseins ist; die Dialektik des Begriffs und des nur erst unmittelbaren Bewußtseins der Freiheit bewirkt daselbst den Kampf des Anerkennens und das Verhältnis der Herrenschaft und der Knechtschaft (s. Phänomenologie des Geistes, S. 115 ff. und Enzyklop. der philos. Wissensch. § 325 ff.) >>> Daß aber der objektive Geist, der Inhalt des Rechts, nicht selbst wieder nur in seinem subjektiven Begriffe und damit, daß dies, daß der Mensch an und für sich nicht zur Sklaverei bestimmt sei, nicht wieder als ein bloßes Sollen aufgefaßt werde, dies findet allein in der Erkenntnis statt, daß die Idee der Freiheit wahrhaft nur als der Staat ist.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts § 57 >>>
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