Es gibt daher kein leereres Reden als das von solcher Möglichkeit und Unmöglichkeit.
Die Bestimmung der Möglichkeit ist es wohl, welche Kant vermochte, sie und mit ihr die Wirklichkeit und Notwendigkeit als Modalitäten anzusehen, indem diese Bestimmungen den Begriff als Objekt nicht im mindesten vermehrten, sondern nur das Verhältnis zum Erkenntnisvermögen ausdrücken'. In der Tat ist die Möglichkeit die leere Abstraktion der Reflexion-in-sich, das, was vorhin das Innere hieß, nur daß es nun als das aufgehobene, nur gesetzte, äußerliche Innere bestimmt und so allerdings als eine bloße Modalität, als unzureichende Abstraktion, konkreter genommen nur dem subjektiven Denken angehörig, auch gesetzt ist. Wirklichkeit und Notwendigkeit dagegen sind wahrhaft weniger als eine bloße Art und Weise für ein Anderes, vielmehr gerade das Gegenteil, sie sind gesetzt als das nicht nur gesetzte, sondern in sich vollendete Konkrete. - Weil die Möglichkeit zunächst gegen das Konkrete als Wirkliches die bloße Form der Identität-mit-sich ist, so ist die Regel für dieselbe nur, daß etwas sich in sich nicht widerspreche, und so ist alles möglich; denn allem Inhalte kann diese Form der Identität durch die Abstraktion gegeben werden. Aber alles ist ebensosehr unmöglich, denn in allem Inhalte, da er ein Konkretes ist, kann die Bestimmtheit als bestimmter Gegensatz und damit als Widerspruch gefaßt werden. - Es gibt daher kein leereres Reden als das von solcher Möglichkeit und Unmöglichkeit. Insbesondere muß in der Philosophie von dem Aufzeigen, daß etwas möglich oder daß auch noch etwas anderes möglich und daß etwas, wie man es auch ausdrückt, denkbar sei, nicht die Rede sein. Der Geschichtsschreiber ist ebenso unmittelbar daran gewiesen, diese für sich auch schon als unwahr erklärte Kategorie nicht zu gebrauchen; aber der Sinn des leeren Verstandes gefällt sich am meisten in dem hohlen Ersinnen von Möglichkeiten und recht vielen Möglichkeiten.
Zusatz. Die Möglichkeit erscheint der Vorstellung zunächst als die reichere und umfassendere und die Wirklichkeit dagegen als die ärmere und beschränktere Bestimmung. Man sagt demgemäß: alles ist möglich; aber nicht alles, was möglich ist, ist deshalb auch wirklich. ...>>>
G.W.F.Hegel Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse § 143 >>>
|